Im Rahmen der „Werkstatt pol_Part“ im Alter mit Migrationsgeschichte hat das 6. Netzwerktreffen von GePGeMi zum Thema Seniorenpolitik mit Migrationsgeschichte am 19.09.2020 stattgefunden. Aufgrund der Corona-Pandemie wurde zum ersten Mal ein Online-Treffen via Zoom für (werdende) Senior*innen angeboten, welches zwei wichtige Themen ansprach: Wunsch nach Wohnform im Pflegefall und politische Partizipation im Alter mit Migrationsgeschichte. Frau Özdemir von KomZen war Gastreferentin. Es moderierte Frau Jieun Park.
Ein wichtiges Thema im Alter ist die Gesundheit und Pflege. In Bezug auf ältere (asiatische) Zugewanderte kommt die Frage auf, wie und wo wollen (werdende) Senior*innen im Pflegefall wohnen? Die Antwort befindet sich in Studienergebnissen von GePGeMi (2018, 2019), die Frau Jieun Park im ersten Vortrag des Treffens präsentiert hat:
Ein Verbleib in der eigenen Wohnung sei im Pflegefall die erste Präferenz, so die befragten asiatischen (werdenden) Senior*innen;
Als zweite Option bestehe der Wunsch einer Wohnform in einem Pflegeheim im Pflegefall;
Sie haben keine Pflegeerwartung an eigene Kinder.
Diese Erkenntnis bezieht sich auf japanische, koreanische und vietnamesische Migrant*innengruppen. Die wichtige Frage, die sich nun auftut, ist, welche Wünsche und Bedürfnisse diesbezüglich andere kleinere Migrant*innengruppen haben. Laut einer thailändisch-stämmigen Teilnehmerin habe die thailändische Community unterschiedliche Wünsche in Bezug auf die Pflege. Diese hängen davon ab, welche Ressourcen eine Person in der deutschen Gesellschaft besäße.
Die Thai-Stämmigen im Alter mit wenigen Ressourcen (keine Kinder und Familie; schwierige Wirtschaftliche Lage usw.) tendieren, im höheren Alter in ihre Heimat zurückzukehren. Im Gegenteil neigen die älteren Thai-Stämmigen, die über mehr Ressourcen verfügen, dazu in Deutschland bei ihren Familienangehörigen wohnen zu wollen. Es fehlen jedoch Erkenntnisse in Bezug auf weitere gewünschte Wohnformen der Community. Bezüglich der türkischen und kurdischen Communities waren vor einigen Jahrzehnten die Vorstellung eines Lebens in Pflegeeinrichtungen inakzeptabel, so Frau Özdemir. Pflege durch eigene Kinder sei früher die gesellschaftliche Norm. Die Wohnform in Pflegeeinrichtungen habe heute aber mehr Akzeptanz in den Gesellschaften bekommen.
Der zweite Vortrag stellte das Thema der seniorenpolitische Teilhabe in Berlin vor. Frau Özdemir hat der Zuhörerschaft einen groben Überblick über die Struktur der Seniorenpolitik sowie ihre Teilhabemöglichkeit gegeben (ausführliche Information folgt). Zusammenfassend lässt sich festhalten, dass alle Menschen ab 60 Jahren an der Wahl der Seniorenvertretung teilnehmen können, unabhängig davon, ob sie eine deutsche Staatsangehörigkeit besitzen. Trotz des freien Wahlzugangs ist der Migrant*innenanteil der Seniorenpolitik extrem niedrig. Dies liegt hauptsächlich am defizitären Zugang zu Informationen bei den Migrant*innengruppen in Berlin. Beispielsweise haben viele Zugewanderte 60+ den Wahlbrief nicht wahrgenommen, weil sie mit dem Thema noch nicht sensibilisiert sind.
Eine Unterrepräsentierung von Zugewanderten kann mit Benachteiligungen einhergehen, da ihre Wünsche und Bedürfnisse in höherem Alter nicht (ausreichend) wahrgenommen werden. Für eine gerechte Teilhabe sollen Menschen im Alter mit Migrationsgeschichte in der Seniorenpolitik sichtbar werden.
Die nächste Wahl der Seniorenvertretung findet im Jahr 2021 statt. Die Wahlperiode beträgt 4 Jahre.
Einige engagierte Teilnehmenden haben Interesse an einer Kandidatur bekundet. Insgesamt besteht ein großer Wunsch nach konkreteren Informationen über dieses Thema. Wichtig ist auch die Verbreitung der Informationen in die eigenen Communities der Beteiligten, und zwar in mehreren Sprachen.
Für das Sichtbarwerden bleiben wir weiter im Kontakt!
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